Politik in Eve-Online: Drama in Delve

Als ich zuletzt über die Politik in Eve-Online schrieb, war der Krieg im Süden der Sternenkarte in vollem Gange: Die merkwürdigen Verbündeten Against ALL Authorities (AAA) und Band of Brothers (BoB) übten starken Druck auf die Gebiete des Goonswarm aus, im Großen und Ganzen waren es aber langwierige Grabenkämpfe. Sonnensysteme wechselten nur nach langen, harten Kämpfen den Besitzer und der Krieg hätte sich so noch Monate hinziehen können.
Doch das änderte sich Anfang Februar schlagartig.

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An der Festung Delve hatten sich die Goons im “Great War” die Zähne ausgebissen. Die Spielmechanik von Eve macht Sonnensysteme sicherer, je länger eine Allianz die Herrschaft darüber ausübt. Eine hohe “sovereignty” schirmt Systeme ab, erlaubt sogenannte “jump bridges”, Schnellstraßen für Raumschiffe, und einige andere Vorteile. Gebrochen werden kann das nur durch lange Belagerungen. BoB fühlte sich sicher in Delve und den umgebenden Regionen Querious und Period Basis, wo die verbündete Allianz Executive Outcomes (EXE) siedelt.

Im Januar suchte ein BoB-Spieler eine Allianz für seinen Zweitcharakter (der natürlich nichts mit dem Hauptcharakter zu tun hatte) und wurde von einer Goonswarm-Corporation angesprochen. Er fand es recht vorteilhaft, einen Spion in Goonswarm zu haben, wenn auch nur in den untersten Ebenen, und wurde zum Goon. Einige Wochen später wurde der Director des Goonswarm-Corp darauf aufmerksam, dass der neue Spieler früher einigen Corps angehört hatte, die bei den Goons auf der Schwarzen Liste standen und wollte ihn entfernen.

Der BoB-Spieler jedoch hatte in der kurzen Zeit bei den Goons mehr Spaß gehabt als jemals in BoB und wollte nicht gehen. Er enthüllte, dass sein Hauptcharakter ein BoB-Director war und Zugang zu den höchsten Entscheidungsebenen hatte. Der Spionagechef von Goonswarm wurde eingeschaltet und der BoB-Director erklärte sich bereit, als Spion zu arbeiten. Als sich jedoch in den nächsten Tagen (als die Goons gerade dabei waren, das interne Forum von BoB zu kopieren) herauskristallisierte, wie umfangreich die Befügnisse des neuen Spions waren, entschied man sich zu einem drastischeren Vorgehen.

In einer Nacht- und Nebelaktion am 5. Februar, als alle Entscheidungsträger von BoB offline waren, begann der abtrünnige BoB-Director, alle Mitglieder-Corps aus der Allianz zu werfen. Die Entscheidungstruktur der BoB-Führung war auf schnelles Reagieren ausgelegt und hatte deshalb kaum interne Schutzmechanismen. Mit dem Kick des letzten Mitglieds löste sich die Allianz Band of Brothers automatisch auf und alle Vorteile der hohen “sovereignty” gingen verloren. Die Systeme von Ex-BoB in Delve, Querious und Period Basis waren ab sofort schutzlos und angreifbar.

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An diesem Tag herrschte in Delve Wild West mit Live-Berichterstattung in den diversen Eve-Internet-Radios. Aus allen Ecken der Galaxie kamen Allianzen ins ehemalige BoB-Gebiet und schoßen auf schutzlose Schiffe und Stationen. Allen voran die Goons und zwei ihrer engsten Verbündeten: Pandemic Legion und RAZOR Alliance. Goonswarm hatte allen einzelnen Corps von Ex-BoB den Krieg erklärt, so dass sie keine neue Allianz gründen, sondern sich nur einer schon bestehenden anschließen konnten. Außerdem stohlen sie umgehend den Namen “Band of Brothers”.

Die ehemaligen BoB-Corps sammelten sich in einer kleinen BoB-Zweitcharakter-Allianz namens “KenZoku”, doch der Schaden war getan: In allen ihren Systemen hatten sie nur noch die niedrigste “sovereignty” und die Invasion ihrer diversen Feinde war in vollem Gange. Doch damit nicht genug: Goonswarm setze alles auf eine Karte. Delve ist eine der besten und reichsten Regionen im Spiel, nicht umsonst herrschte BoB dort seit Jahren. Die Region war vor allem besser als alles was die Goons besaßen, also packten sie ihr gesamtes Hab und Gut, räumten alle ihre Systeme (und gaben damit ihrerseits ihre “sovereignty” auf) und zogen geschlossen nach Delve.

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Der geballten Macht des Schwarms konnte Ex-BoB nicht viel entgegensetzen, vor allem da sie es bisher gewohnt waren, den Krieg zu anderen zu tragen und einen uneinnehmbaren Rückzugsort in Delve zu haben. Die Gegenwehr war mäßig und AAA, eigentlich die Verbündeten von BoB, verleibten sich lieber die verlassenen Gebiete von Goonswarm in Süden ein, anstatt Ex-BoB zu helfen. Von Tag zu Tag wuchs das Gelb auf der Karte, wie es ein Goon so schön formulierte: “Goon-Piss in the BoB-Ocean”.

Als dann auch noch Ex-BoB einen Großteil ihrer Flotte in einer Station sammelten und die Goons und ihre Verbündete mit einer Tag- und Nacht-Belagerung begannen, war der Kampf endgültig entschieden. Ex-BoB konnte nur noch zusehen wie Delve und Querious relativ kampflos an Goonswarm fielen. Die Goons waren unter Zeitdruck, denn je länger “KenZoku” die Herrschaft über ein System hatte, desto besser wurde dessen “sovereignty” und letztendlich wieder schwer zu knacken. Doch nichts dergleichen geschah: Eineinhalb Monate nach der Auflösung von “Band of Brothers” war deren komplettes Gebiet die neue Heimat von Goonswarm.

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Erst jetzt, nach Wochen, kommt AAA ihren Verbündeten zu Hilfe. Am Rande von Querious wird ein System hart umkämpft, das AAA als Brückenkopf für eine Invasion benötigt. Dort finden einige der größten Schlachten statt, die Eve je gesehen hat. Der Krieg ist also noch lange nicht vorbei, doch BoB ist nun heimatlos und ohne Einkommen. Hingegen AAA, die sich große Teile des ehemaligen Goon-Gebiets im Süden einverleibt hat, besitzt nun zu viele Systeme und muss sich diverser Angriffe aus dem Osten erwehren. Alles in allem eine sehr instabile Lage, sowohl für die Goons, als auch für AAA.

Tatsache bleibt: Die große Allianz “Band of Brothers”, Hegemon von Eve seit Jahren, wurde nicht durch militärische Stärke in die Knie gezwungen, sondern dadurch, dass Goons zu einem Fremden freundlich waren.

Guter Lesestoff:

The Mittani’s Guide on How Not to Kill a Titan
Ein Artikel des Goon-Spionagechefs über die Rettung eines Titan aus dem bereits verlassenen Goon-Gebiets, während die Invasion in Delve in vollem Gange war.

Wars Are Lost By the Loser
Der Goon-Spionagechef über die Invasion selbst.

Die aktuelle politische Karte

4 Kommentare zu “Politik in Eve-Online: Drama in Delve”

  1. Dave

    Ah, wenn man das so ließt möchte man fast mitzocken! Aber wo nehmen die Leute nur die Zeit her? Und schade find ich das man als Hohes Tier eine Allianz so einfach zerstören kann, scheinbar! Na gut, ohne das Feature wäre es nicht dazu gekommen, insofern: Thank you!

  2. Gregor

    Ich finds immer wider krass wie’s da abgeht….
    Daves Frage kann ich nur wiederholen: Wo nehmen die Spieler die Zeit dafür her? Müssen die nicht Lernen/Studieren/Arbeiten?

  3. Nusa

    Dass der Gilden/Allianzführer die Gruppe auflösen kann, gibt es ja eigentlich in jedem MMOG. Und sorgt auch immer wieder für Dramen. Bei BoB war es so, dass alle Direktoren alle Rechte hatten, um Vorgänge zu beschleunigen. Wenn der Chef ihnen nur bestimmte Rechte gegeben hätte, wäre es nicht so einfach gegangen.
    Gibt auf jeden Fall Leute die viel Zeit und Geld reinstecken, die kommen aber aus allen Alters- und Gesellschaftsschichten. Der BoB-Chef ist glaube ich ein erfolgreicher Unternehmer aus Dänemark. Die Goons kann man noch am ehesten als typische IT-Nerds sehen. Kürzlich kam an die Öffentlichkeit, dass der Anführer von RED.Overlord, offenbar ein russischer Oligarch, 100.000 Dollar in das Spiel gesteckt hat, um Schiffe zu kaufen. Erst 50.000 illegal, als das entdeckt wurde noch mal 50.000 Dollar in den legalen Umtausch von Gametime-Cards in Ingame-Währung. Das ist Einsatz. ^^

  4. Murli

    ich muss schon sagen, dass ich deine artikel über eve immer sehr interessant finde, nusa. is echt spannend, was da abgeht und ich freue mich immer wieder, wenns mal ne neue berichterstattung von dir gibt.

    finde es auch ganz schön link, dass der BoBler seine ganze sippehintergangen hat (und das sage ich als romulaner ^-^)

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